Meine Winterjacke habe ich im Jahr 1959 in Deutschland gekauft.

Ab Mitte der 1950er bis in die frühen 1980er Jahre kam es bundesweit und somit auch in Rheinland-Pfalz durch Anwerbung von Arbeitsmigranten, sogenannten Gastarbeitern, zu einer starken Zuwanderung. Der Zuzug konzentrierte sich hierzulande auf die großen Städte, in denen bereits zuvor ein Mangel an zumutbarem Wohnraum herrschte.

Der bundesweite wirtschaftliche Aufschwung der 1950er Jahre hatte zur Folge, dass es Ende des Jahrzehnts an Arbeitskräften mangelte. Bundesweit warb man deshalb um Arbeitsmigranten. 1959 siedelten sich auch in Mainz die ersten sogenannten Gastarbeiter an. Nicht alle kamen über die Anwerbeabkommen, die in den 1950er und 1960er Jahren mit verschiedenen Ländern geschlossen wurden, viele reisten auch allein oder mit Verwandten ein und suchten sich vor Ort Arbeit. Viele blieben in Deutschland und holten auch ihre Familien nach.

Viele Angehörige der zweiten Generation dieser Familien, die in der Heimat geboren und später nachgeholt wurden, hatten es besonders schwierig, weil sie teilweise ohne Eltern aufwuchsen und im Heimatland den Schulabschluss machten, wodurch sie häufig nicht so gut Deutsch sprachen. Die dritte Generation wurde in der Regel in Deutschland geboren und wuchs hier auf – sie sind von Deutschen ohne Migrationshintergrund nicht zu unterscheiden. Heute sind sie ganz selbstverständlich unsere Mitbürger:innen, Nachbarn, Kolleg:innen und Freunde.

Bis in die 1970er hinein stellten italienische Staatsbürger mit ungefähr der Hälfte aller Migranten den größten Anteil der ersten Gastarbeitergeneration in Mainz. Heute sind es türkische Staatsangehörige mit gut 20 Prozent. Über ein Viertel der Mainzer Bevölkerung hat heute einen Migrationshintergrund.

Eines der Hauptprobleme der ersten Gastarbeitergeneration bestand in der Wohnungssuche. Zumutbarer Wohnraum war knapp. Die ersten „Gastarbeiter“ gingen meistens davon aus, nur für eine befristete Zeit in Deutschland zu arbeiten und dann in ihr Heimatland zurückzukehren. So kamen zunächst hauptsächlich Männer ohne ihre Familien. Für sie errichteten größere Unternehmen Sammelunterkünfte in Werksnähe. Dies verhinderte eine Durchmischung mit der einheimischen Bevölkerung. Mangelnde Sprachkenntnisse erschwerten die Integration anfangs zusätzlich.

Als die Migranten dann im Laufe der Jahre dauerhafte Arbeitsstellen bekamen und teilweise ihre Familien nachholten, nahm der Wunsch nach einer eigenen Wohnung zu. Die Wohnungssuche gestaltete sich schwierig – oft blieben nur Ein-Zimmer-Wohnungen ohne eigene Küche oder Zwei-Zimmer-Wohnungen zu überteuerten Mietpreisen. Auf dem Wohnungsmarkt waren die Familien oft benachteiligt, weil Vermieter:innen nicht an Ausländer vermieten wollten. Bis 1972 lebten noch immer rund 20% der „Gastarbeiter“ in den Sammelwohnheimen. Ausländische Kinder besuchten häufig sogenannte Vorbereitungsklassen, die nach Nationalitäten getrennt waren. Das machte eine spätere Integration in deutschsprachige Klassen schwierig. Die fehlenden Bildungschancen für Kinder aus Migrantenfamilien waren daher ebenfalls ein Problem.


Autoren: Lutz Luckhaupt / Ute Engelen

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