Am 23. Mai 1978 besuchte die britische Königin Elisabeth II. zusammen mit ihrem Ehemann Prinz Philip die Stadt Mainz. Anlass war die feierliche Übergabe der „Shuckburgh-Bibel“, eines Originaldrucks der Gutenbergbibel, welche die Stadt Mainz zu Beginn des Jahres ersteigert hatte. Es war der erste Besuch einer britischen Königin in Mainz seit 133 Jahren. In den 1960ern kam Elisabeth II. zwar mal nach Rheinland-Pfalz, aber nicht in die Landeshauptstadt. Wie auf dem Bild zu erkennen, war das Wetter sehr mäßig an diesem Tag – es schüttete auf dem Weg zum Gutenberg-Museum, in das der damalige Ministerpräsident Bernhard Vogel und der damalige Oberbürgermeister der Stadt Mainz Jockel Fuchs das Regentenpaar führten. Der Trenchcoat des Prinzen ist sichtlich durchnässt.
Auch der weitere Verlauf des Staatsbesuchs bot einiges an Anekdoten. Die beiden Monarchen erreichten Mainz am Nachmittag mit einem Sonderzug aus Bonn. Empfangen von Bernhard Vogel, Staatsminister Otto Meyer, dem Chef der Staatskanzlei Prof. Dr. Waldemar Schreckenberger, dem Chef des Protokolls des Landes Rheinland-Pfalz Dr. Jürgen Hartmann und deren Gattinnen fuhr die Wagenkolonne begleitet von etwa 20.000 Zaungästen und unterschiedlichen Musikkapellen vom Hauptbahnhof zum Römischen Kaiser, wo Jockel Fuchs nebst Ehefrau sowie zwei Schülerinnen des Gutenberg-Gymnasiums, Claudia Poitiers und Anja Vollrath, stellvertretend für alle Mainzer Kinder, die Reisegruppe erwarteten. Im Gutenberg-Museum folgte die Vorstellung weiterer Mainzer Honoratioren und der Eintrag ins Goldene Buch der Stadt. Danach besichtigten die Gäste das Museum, was Jockel Fuchs – zumindest laut Bericht der Allgemeinen Zeitung – in Ermangelung seines Redeskripts mit „And now we go down in die Druckerwerkstatt!“ einleitete. Auf dem Weg zu besagter Werkstatt verfing sich dann zu allem Überfluss noch die Amtskette des Oberbürgermeisters im Mantelkragen der Queen. Die beiden konnten ohne weitere Verwickelungen voneinander getrennt werden. Prinz Philip probierte sich an der Gutenbergpresse und druckte den Königspsalm. Sein Werk bekam er daraufhin geschenkt.
Anschließend fuhr der Tross zum ZDF, wo Elisabeth und Philip vom Intendanten und früheren deutschen Botschafter in London, Karl-Günther von Hasse, begrüßt wurden. Nach folkloristischen Darbietungen aus 11 deutschen Bundesländern enthüllte die Queen noch die Plastik „Hügelkette“ des englischen Bildhauers Henry Moore, bevor es nach einer zweistündigen Ruhepause in der Staatskanzlei ein Abendessen mit 128 geladenen Gästen gab. Elisabeth II. lobte in ihrer Rede auf dieser Gala die Erfolge des rheinhessischen Weinbaus, wies auf das wichtige Vermächtnis Gutenbergs hin und betonte, dass ihr das Rheintal besonders gut gefiel. Beim anschließenden Kaffee im Zimmer des Ministerpräsidenten wurden die britischen Gäste reich beschenkt. Die Königin erhielt eine Achat-Schale, die in einem Sandstrahl-Fertigungsverfahren in Idar-Oberstein aus einem Achat-Block herausgeblasen worden war, der Prinz bekam 50 Flaschen Wein und das königliche Gefolge wurde mit Lederwaren aus Kirn als Andenken an den Besuch in Rheinland-Pfalz bedacht.
Nach einem einstündigen Empfang der Landesregierung im Stresemann-Saal mit etwa 400 Gästen durfte das königliche Paar endlich zu Bett gehen. Am nächsten Morgen flog die englische Delegation vom US-Flugplatz in Mainz-Finthen nach Berlin.
Knapp 18 Stunden dauerte der Besuch der Queen in Mainz. Er kostete knapp 200.000 DM und sorgte zeitweise für ein innerstädtisches Verkehrschaos. Trotzdem ging der royale Besuch – auch dank seiner Anekdoten – in die Geschichte ein. Er steht stellvertretend für die gemeinsame Geschichte und die engen Verbindungen von Rheinland-Pfalz zu Großbritannien, wie auch Bernhard Vogel in seiner Rede während des Empfangs betonte.
Autor: Lutz Luckhaupt
Literatur:
- Döll, Lena / Müller, Sarah: Vom Regen in die Druckerwerkstatt. Als die Queen nach Mainz kam. In: Uhlig, Mirko / Schneider, Thomas (Hrsg.): Ansichtssache. Mainz 1960 bis 1980 in den Fotografien von Viktor Brüchert. Mainz 2020, S. 224-225.
Weblinks:
- Besuch der Queen 1978 - regionalgeschichte.net