Der damalige Bundesgesundheitsminister Heiner Geißler warnte im Juli 1985 die Öffentlichkeit vor dem Genuss österreichischer Prädikatsweine. Diese könnten mit Diethylenglykol verseucht sein, einer Chemikalie, die Leber, Nieren und Nerven schädigen kann. Im Burgenland hatte man Weinen das leicht süßliche Frostschutzmittel beigemischt. Entdeckt hatten das Chemiker im Januar. Ab März war dann umfangreich getestet worden. Es war zuvor jahrelang unbemerkt geblieben. Diethylenglykol ist günstig und schwer nachweisbar und stellt damit ein ideales Hilfsmittel für Weinpanscher dar.

Im August 1985 wurde das giftige Glykol schließlich auch in Weinen nachgewiesen, die in Rheinhessen abgefüllt wurden. Aus der Region stammenden Weinen waren mit österreichischen, darunter auch glykolbelasteten, gestreckt und als Qualitäts- und Prädikatsweine in den Handel gebracht worden. In den Mittelpunkt des Skandals rückte damals die Großkellerei Ferdinand Pieroth bei Bingen. Mitbesitzer Elmar Pieroth erklärte, er habe von den Machenschaften nichts gewusst. Die Firma Pieroth war jedoch bereit, die Verantwortung für eine "unzureichende Einkaufspolitik und nicht ausreichende Kontrollmechanismen" zu tragen. Es begannen Ermittlungen, die sich über zehn Jahre hinzogen. Verantwortlichkeiten blieben vor Gericht ungeklärt und so wurde das Verfahren im April 1996 gegen die Zahlung von insgesamt einer Million Mark eingestellt. In Österreich hingegen hatte es im Zuge des Skandals zahlreiche Haftstrafen gegeben.

Nicht zuletzt durch den Skandal fand ein Umdenken unter den Winzer:innen und Verbraucher:innen statt: Eine zunehmend geringere Rolle im Anbaugebiet Rheinhessen spielt die Menge des Ertrags, was sich auch an der Verwendung anderer Rebsorten zeigt. Stattdessen wird mehr Wert auf die Qualität der Weine gelegt.


Autor: Maximilian Deheck

Weblinks: