Vor dem Bahnhof in Ahrweiler steht etwas unscheinbar ein Trümmerteil der Berliner Mauer. Es handelt sich um ein Denkmal, das von ehemaligen Flüchtlingen aus der DDR der Stadt aus Dankbarkeit gespendet wurde. Der Hintergrund dieses Geschenkes geht auf den Herbst 1989 zurück. Seit Monaten strömen immer mehr DDR-Bürger:innen auf das Gelände der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Prag. Sie wollen weg aus der DDR und verlangen eine Ausreise und Unterbringung in Westdeutschland. Nach langen diplomatischen Verhandlungen tritt am 30. September Hans-Dietrich Genscher, damaliger Außenminister der Bundesrepublik Deutschland, auf den Balkon der Botschaft und spricht zu den teilweise seit Wochen ausharrenden Flüchtlingen. Die Worte wurden berühmt – auch wenn man das Ende des Satzes aufgrund des aufbrandenden Jubels nur erahnen kann:
Die Ausreise begann am folgenden Tag mit dem Ziel Ahrweiler in Rheinland-Pfalz. Dort befand sich die Katastrophenschutzschule des Bundes, die heutige Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz, die als Erstunterkunft für die Flüchtlinge dienen sollte. Der erste Sonderzug mit 763 ehemaligen DDR-Bürger:innen erreichte am 5. Oktober nach einer Fahrt durch Staatsgebiet der DDR und über die Zwischenstation Hof in Bayern den Bahnhof der Stadt an der Ahr.
Die Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft der Ahrweiler Bevölkerung war überwältigend. Auf Balkonen, der Straße und an Bahnübergängen standen Menschen und begrüßten die Neuankömmlinge winkend und hupend. Die Reisenden im ersten Sonderzug bekamen außerdem eine besonders warme Begrüßung – der damalige Ministerpräsident Carl-Ludwig Wagner empfing sie persönlich und übergab die neuen Personalausweise und je 100 D-Mark Begrüßungsgeld. Auch der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker kam zu Besuch.
Auf die erste Flüchtlingswelle folgten noch einige weitere – bereits am 3. Oktober befanden sich erneut mehr als 5.000 Menschen auf dem Gelände der Prager Botschaft.
Autor: Lutz Luckhaupt
Weblinks:
- Zug um Zug in die Freiheit - Generalanzeiger vom 4. Oktober 2014
- Ein Hort der Freiheit - Generalanzeiger vom 25. Februar 2016
- Richard von Weizäcker - bundespraesident.de