Im Jahr 1998 wurde der 900. Geburtstag der um 1098 vermutlich in Bermersheim bei Alzey geborenen Hildegard von Bingen gefeiert. Neben einem mehrtägigen internationalen Kongress zur Forschung über die bekannte Äbtissin des Benediktinerordens wurde in Bingen das Museum am Strom eröffnet, das mit Dauer- und Sonderausstellungen das Leben und Wirken Hildegards beleuchtet. Um 1150 hatte diese auf dem Rupertsberg ein eigenes Kloster gegründet. Sie gilt als bedeutende Universalgelehrte des Mittelalters und wird als Heilige und Kirchenlehrerin verehrt. 1179 starb Hildegard in ihrem Kloster.

Im Laufe ihres Lebens schrieb Hildegard von Bingen viele medizinisch-naturkundliche und theologische Abhandlungen, die auch heute noch Beachtung finden. Sie komponierte auch einige Kirchenlieder. Ihre Werke sind fast vollständig überliefert. In der heute als Handschrift Nr. 2 in der Hochschul- und Landesbibliothek RheinMain in Wiesbaden verwahrten mittelalterlichen Handschrift aus dem späten 12. Jahrhundert sind alle Werke Hildegards von Bingen außer den medizinischen und naturwissenschaftlichen gesammelt. Die auch als „Rupertsberger Riesenkodex“ – 481 Blatt Pergament, etwa 46 cm x 30 cm Größe und ungefähr 15 kg schwer – bezeichnete Handschrift wurde wohl noch zu Lebzeiten Hildegards im Kloster Rupertsberg bei Bingen begonnen.

Seit ihrer Kindheit soll Hildegard von Bingen Visionen gehabt haben, die sie ab 1141 begann aufzuschreiben. 1147 wurde ihre visionäre Gabe schließlich durch Papst Eugen III. auf der Trierer Synode anerkannt. Damit verbunden war die spätere Erlaubnis der Veröffentlichung ihrer Visionen. In der Folge wurde Hildegard häufig als Ratgeberin konsultiert. Umfangreiche Briefwechsel mit geistlichen und weltlichen Würdenträgern sind überliefert.

Zwischen 1160 und 1170 ging die Äbtissin auf vier Predigtreisen, auf denen sie die Missstände ihrer Zeit und auch innerhalb des Klerus ansprach. Neben diesem Mut der Kritikäußerung war es auch schon ungewöhnlich, dass Hildegard als Frau überhaupt Predigtreisen antrat – dies war bis dahin fast ausschließlich Männern vorbehalten.

Spätestens ab 1584 wurde Hildegard als Heilige verehrt und galt aufgrund ihrer Schriften als deutsche Prophetin. Ihr umfangreiches Schaffen in vielen Gebieten gibt heute Auskunft über das religiöse, politische, wissenschaftliche, heilkundliche und gesellschaftliche Denken ihrer Zeit.


Autor: Lutz Luckhaupt

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