In Kreuzberg an der Ahr wurde nach der Flutkatastrophe in einem Zelt provisorisch ein "Flutmuseum" untergebracht. Fotos, Objekte und nicht zuletzt die individuellen Geschichten der Betroffenen dokumentieren auf eindringliche Weise die Katastrophe vom 14./15. Juli 2021 im Ahrtal, speziell im Ortsteil Kreuzberg. Dieser provisorisch eingerichtete "Ort der Erinnerung" verdeutlicht aber auch das hohe Maß an Hilfsbereitschaft, Solidarität und Unterstützung, welche die Menschen seit der Katastrophe erfahren haben. Das Bild zeigt die Reste eines Feuerwehrautos, das von den Wassermassen weggespült worden ist.
Im Sommer 2021 kam es in mehreren Flussgebieten in West- und Mitteleuropa zu schweren Sturzfluten und Überschwemmungen. Die schwersten Hochwasser wurden durch das Tiefdruckgebiet Bernd verursacht. Europaweit starben über 220 Menschen, davon mindestens 184 in Deutschland. Somit ist diese Flutkatastrophe gemessen an den Opferzahlen die schwerste Naturkatastrophe in Deutschland seit der Sturmflut 1962.
Auch Teile von Rheinland-Pfalz wurden massiv von der Flutkatastrophe getroffen. Ausschlaggebend war anhaltender Starkregen am 14. und 15. Juli – bereits Tage zuvor hatte es immer wieder Unwetter gegeben und der Deutsche Wetterdienst warnte vor Überflutungen. Besonders dramatisch war die Lage im Landkreis Ahrweiler, wo der Rekordpegelstand der Ahr für massive Zerstörungen sorgte. Trotz Vorbereitungen und Einberufung eines Krisenstabs durch den Landkreis hatte man nicht mit den Wassermaßen, die in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli über die Region hereinbrachen, gerechnet. Die Flut riss alles mit sich – mindestens 17.000 Personen verloren durch das Hochwasser ihr Eigentum. Die Versorgung mit Strom, Gas, Wasser und Telefon konnte nicht mehr flächendeckend aufrecht gehalten werden. Über 73 Kilometer Straßen, Wege und Brücken wurden zerstört. Auch der Bahnverkehr kam zum Erliegen. Das Ahrtal war wochenlang von der Außenwelt abgeschnitten. Die Handwerkskammer und die Industrie- und Handelskammer schätzen die Sachschäden bei den Betrieben im Ahrtal auf insgesamt etwa 560 Millionen Euro.
Auch in den Landkreisen Bitburg-Prüm, Vulkaneifel und Trier-Saarburg wurde der Katastrophenfall ausgerufen. Hier stiegen die Pegelstände der Flüsse Kyll, Prüm, Lieser und Nims massiv an und sorgten für enorme Schäden.
Bis heute kommen regelmäßig viele Freiwillige ins Ahrtal, um Hilfe bei den Aufräum- und Wiederaufbauarbeiten zu leisten. Auch professionelle Helfer:innen und die Bundeswehr sind bei den Arbeiten beteiligt. Die Politik stellte Fördergelder für den Wiederaufbau zur Verfügung.
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer, der damalige Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen Armin Laschet und der damalige Vizekanzler Olaf Scholz besuchten in den Tagen nach der Flutkatastrophe das verwüstete Gebiet, um sich selbst einen Überblick über die dortige Lage zu verschaffen.
Nach der Katastrophe wurden die teilweise sehr späten oder ganz ausgebliebenen Frühwarnungen kritisiert. Zwar hatte das Europäische Hochwasserwarnsystem EFAS vor extremen Überschwemmungen gewarnt und in Deutschland existiert auch ein flächendeckendes System von Niederschlagsradarstationen, die Notfallpläne mancher Kommunen erwiesen sich allerdings als unzureichend. Die durch den Deutschen Wetterdienst an die zuständigen lokalen Behörden weitergeleiteten extremen Flutwarnungen des EFAS sorgte zwar in einigen Orten für Sirenenalarm zur Information der Bevölkerung – die meisten Landkreise hatten diese Sirenen aber bereits vor Jahren abgebaut.
Nach der Flut wurden 134 Tote und 766 Verletzte in Rheinland-Pfalz registriert. Die Kreisverwaltung Ahrweiler mit Landrat Jürgen Pföhler stand nach der Flutkatastrophe massiv in der Kritik. Ihm wurde vorgeworfen, viel zu spät den Katastrophenfall ausgerufen und somit auch nicht rechtzeitig eine Evakuierung der Bevölkerung angestoßen zu haben. Nachdem die Staatsanwaltschaft Koblenz ein Ermittlungsverfahren gegen Jürgen Pöhler aufgrund des Anfangsverdachts der fahrlässigen Tötung und der fahrlässigen Körperverletzung infolge möglicherweise unterlassener oder verspäteter Warnungen oder Evakuierungen eingeleitet hatte, ist Pföhler mittlerweile nicht mehr im Amt.
Verfasser: Lutz Luckhaupt
Weblinks:
- Hochwasser in Rheinland-Pfalz - Blätter zum Land 4/2000
- https://hochwasser-ahrtal-2021.de/
- https://wiederaufbau.rlp.de/de/startseite/ - Website der Landesregierung zum Wiederaufbau der betroffenen Gebiete